Obgleich das deutsche Team bereits im Sommer seinen Projektabschluss verkünden konnte, ging es für die Partner*innen aus Litauen und Polen aufgrund der stärkeren Corona-Einschränkungen vorab noch in die Verlängerungsrunde. Nun aber, nach 4 Jahren internationaler und lokaler Zusammenarbeit sowie dem Aufbau eines Netzwerkes für Nature Guides in Polen, Litauen und Deutschland findet das Nature Guide Network (NGN) als Gesamtprojekt zu einem Ende – aber die Arbeit zur Unterstützung der Nature Guides und für eine nachhaltige Regionalentwicklung über naturtouristische Angebote geht weiter.
Begleitet von einer fast zweijährigen Jahre Corona-Pandemie mussten so manche Ziele kreativ angepasst bzw. Maßnahmen neu entwickelt werden, vor allem die in Richtung Netzwerkausbau und -erhalt. Dennoch konnten wir einige Erfolge verbuchen.
Hierzu zählt beispielsweise die Entwicklung eines international abgestimmten – und auf Best-Practise-Beispielen beruhendes – Berufsbildes „Nature Guide“ (ENG; Übersetzung ins Deutsche ist geplant) mit dazugehörigem Rahmenlehrplan (ENG). Auf dieser Grundlage sowie im Rahmen eines zuvor erarbeiteten Methodenwerkes zur Qualitätssicherung (ENG) der Nature Guide Ausbildung wurden in den drei Projektländern ein Pilottraining entworfen, durchgeführt und evaluiert. Um den Guides die Möglichkeit zu geben, sich auch für internationale Gäste und fremdsprachige Touren besser aufzustellen, wurde zudem ein 4-sprachige Wörterbuch mit relevantem Vokabular entwickelt und online bereitgestellt.
Neben diesem Qualifizierungsansatz zur Professionalisierung der Nature Guides wurde ein internationales Netzwerk aus aktiven Naturführer*innen und Akteur*innen aus Naturschutz, Verwaltung und Tourismus aufgebaut, um die Arbeit der Nature Guides zu unterstützen und naturtouristischen Angeboten sowohl im klassischen Tourismussektor, bei politischen Entscheidungsträgern als auch gesamtgesellschaftlich mehr Bedeutung zu geben. Hierfür wurden unter anderem Netzwerkveranstaltungen in Form einer internationalen Webinar-Reihe (ENG) mit Experten aus verschiedenen Ländern abgehalten und diverse Informations- und Werbematerialien (ENG) entwickelt.
Darüber hinaus gab es auch spezifisch auf regionale Akteure ausgerichtete Aktivitäten, die in den jeweiligen Ländern durch die Projektpartner parallel durchgeführt wurden, um Nature Guides und Netzwerkpartner der südlichen Ostsee für die NGN-Idee zu gewinnen und Akteure aus anderen Ländern zu inspirieren.
Litauen
Im Falle des östlichsten Projektpartners ist dies beispielsweise das Nature Guide Handbuch, das sich v.a. an Naturführer*innen im Nationalpark Kurische Nehrung richtet und von erfahrenen Natur-Interpret*innen und Mitarbeitenden der Nationalparkverwaltung verfasst wurde. Diese Broschüre enthält das gesammelte Wissen und die gewonnenen Erkenntnisse aus den letzten vier Projektjahren und besteht aus drei Teilen: Methodik der Naturführungen, wesentliche Informationen zum Nationalpark Kurische Nehrung und FAQs zur Natur der Region. Das Handbuch enthält eine Vielzahl guter Bilder, Illustrationen und Infografiken, die die komplexen Informationen leichter verständlich machen und gleichermaßen ansprechend sind. Es wird in litauischer Sprache gedruckt und ist in englischer Sprache als pdf-Version zur Verfügung gestellt (bald auch hier auf der Webseite). Ein Wissen, das dann glücklicherweise auch den Nature Guides aus anderen Ländern zur Nutzung bereitsteht und eventuell sogar dazu beitragen kann, Guide-Partnerschaften aus verschiedenen Ländern zu ermöglichen, die in gemischten Teams mehrsprachige Touren für internationale Gäste anbieten.
Besonders gelungen sind zudem die Informations-/Werbe-Kurzfilme des Nationalparks Kurische Nehrung, die in Litauisch und English veröffentlich wurden und so sowohl der einheimischen Bevölkerung als auch den internationalen Gästen die Bedeutung und Schönheit der Natur im Nationalpark nahebringen und Lust auf einen Besuch machen. Darüber hinaus geben die Videos einen wunderbaren Einblick in die Arbeit der Nature Guides vor Ort und sollen die Gäste animieren, eine Tour mit einem Nature Guide zu unternehmen oder der Natur zumindest respektvoll zu begegnen.
Da die Nachfrage nach einer Nature Guide Ausbildung weiterhin ungebrochen hoch ist und auch der Nationalpark qualifizierten Guides eine große Bedeutung beimisst, ist die Weiterführung der Nature Guide Ausbildung bereits geplant.
Polen
Aufgrund der vergleichsweisen geringen Anzahl der explizit naturtouristisch ausgerichteten Guides, zumindest im Vergleich zu Deutschland und Litauen, hat das polnische Team einen Fokus auf die Gewinnung des Nature Guide Nachwuchses und damit auf die jüngere Generation gelegt. So wurde in den vergangenen Monaten damit begonnen, das NGN nicht nur bei typischen touristischen und naturschutzfachlichen Events zu bewerben, sondern auch Informationsveranstaltungen an Schulen abgehalten, die über Möglichkeiten des Natur- und Umweltschutzes einerseits und die Aktivitäten von Naturführer*innen andererseits berichtet.
Für die Zielgruppe der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird derzeit an einem Umweltbildungsspiel gearbeitet: dafür wurden bereits zentrale Tier- und Pflanzenarten der südlichen Ostsee zusammengetragen und die Art-Namen sowie deren jeweilige räumliche Verbreitung in die drei Sprachen der Projektpartnerländer (Polnisch, Deutsch, Litauisch) sowie ins Englische übersetzt. Für eine optisch ansprechende Variante des Spiels sollen nun noch realitätsnahe Zeichnungen und Grafiken erstellt werden. Sobald das Umweltbildungsspiel fertig ist, soll es z.B. den Schulen und Umweltbildungsvereinen der drei Projektpartnerländern zur Verfügung gestellt werden und kann ergänzend einen Beitrag leisten, die Arbeit der Nature Guides zu tangieren und gleichermaßen das NGN bekannter zu machen.
Deutschland
Um eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung der Lage der Naturführer*innen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (MV) zu bekommen, konnte ein Absolvent der Hochschule Eberswalde dafür gewonnen werden, zentralen Fragen rund um die Themen Netzwerkbildung, Qualifizierung und Professionalisierung von Naturführern im Rahmen einer Masterarbeit nachzugehen. Hierfür wurden über 300 zertifizierte Natur- und Landschaftsführer (ZNL) angeschrieben und gebeten an einer Umfrage zu ihrer Situation teilzunehmen. Fast 90 Personen (rd. 26 %) haben an der Befragung teilgenommen und bieten somit einen gewissen Einblick in die Lebensrealität der Naturführer*innen in MV und damit eine Diskussions- und Forschungsgrundlage für die Situation in anderen Ländern.
Die Ergebnisse der Befragung haben deutlich herausstellt, dass es einerseits eine einheitliche Qualitätssicherung und Qualifizierung über eine zentral organsierte Ausbildung brauche. Anderseits wünschen sich die Befragten eine entsprechende Anerkennung und Wertschätzung der Nature Guide Tätigkeit, vor allem von Seiten der Tourismusbranche. Die brauche es unter anderem auch deshalb, damit Personen, die Naturführungen anbieten, auch finanziell davon leben könnten und nicht länger im Ehrenamt oder gegen „kleinen Obolus“ arbeiten. Darüber hinaus wurde an mancher Stelle der Bedarf geäußert, eine bessere Unterstützung durch die Verwaltungen der Großschutzgebiete, wie Naturparke, Nationalparke und Biosphärenreservate, in Form von Angebotsvermarktung und Netzwerkarbeit zu erhalten.
Sowohl hinsichtlich einer einheitlichen Qualifizierung zum ZNL/Nature Guide durch das Landesumweltamt sowie den Volkshochschulverband MV als auch bei der Optimierung der Zusammenarbeit mit den Schutzgebietsverwaltungen gab es bereits erste Gespräche und Entwicklungen – für 2022 sind weitere Treffen und Maßnahmen angesetzt, bei denen auch die Projekterkenntnisse und Netzwerkpartnerschaften weitertragen werden.
Bleiben sie informiert und in Kontakt mit uns: hier auf der Website und auf Facebook.
Lithuania: Nationalpark Kurische Nehrung /CSNPA (Link; Lina Dikšaitė)
Poland: Industrie und Handelskammer Nordpolen / IZBA (Jacek Wójcik)
Germany: Deutsche Umwelthilfe e.V. / DUH (Link; Katrin Schikorr)
Titelbild: B. Reimann