Schnittstellen zwischen Naturschutz, Wildtierförderung und einer naturtouristischen Regionalentwicklung auszuloten und die gemeinsamen Bemühungen in diese Richtung zu bündeln, darum ging es bei dem Vernetzungstreffen verschiedener Vertreter*innen aus dem Naturschutz- und Tourismusbereich rund um das Stettiner Haff, die vom 30. Juni bis 1. Juli zusammentrafen.
In der kleinen Schäferei Biesenbrow am Rande des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin ging es dabei neben der Weiterentwicklung des Nature Guide Network auch um das Thema des „Rewilding“ der Oder-Delta-Region. Diesem umfangreichen Vorhaben widmet sich der Verein Rewilding Oder Delta e.V., dem mehrere Projektpartner*innen auf deutscher und polnischer Seite der Odermündung angehören. Dem Leitgedanken von Rewilding Europe folgend geht es darum, der Natur rund um das Stettiner Haff wieder Raum zu geben, sich ohne menschliche Eingriffe in einem eigenen Rhythmus entwickeln und „verwildern“ zu dürfen. Wildtierarten soll so einerseits ein Rückzugsort eingerichtet werden, andererseits sollen Hemmnisse beseitigt werden, damit bestimmte Arten, wie z.B. das Wisent oder der Elch, wieder einwandern und sich etablieren können.
Ohne intakte Natur kein sanfter Naturtourismus
Ein solches Unterfangen soll aber keineswegs den Menschen der Region zum Nachteil gereichen, wie Martin Schröter, Koordinator des Transnationalen Netzwerks Odermündung e.V. (HOP) betont: „Durch freiwillige zusätzliche Naturschutzmaßnahmen und die Schaffung eines Netzwerks von lokalen Natur-Führern, Wildtierbeobachtungs-Touren und -einrichtungen und ähnlichen naturtouristischen Angeboten kann die Region wirtschaftlich nachhaltig profitieren.“ In diesem Sinne sind die Überschneidung mit dem EU-geförderten Interreg South Baltic Projekt Nature Guide Network offensichtlich: ohne intakte Natur kein sanfter Naturtourismus. Und besonders unweit der Ostseeküste, wo konventioneller Strand- und Bädertourismus oder aber auch intensive Land- und Forstwirtschaft die Landschaft prägen, ist es wichtig, auch wirtschaftlich nachhaltige Alternativen zu entwickeln.
Nachhaltig, das bedeutet auch, dass die Zusammenarbeit vieler Akteur*innen, mit zum Teil auch gegensätzlichen Interessen, von Nöten und Netzwerkarbeit umso wichtiger ist, um Überschneidungen verschiedener Projekte zu erkennen und Synergien freizusetzen. Das Nature Guide Network, welches nicht nur Natur- und Landschaftsführer*innen vernetzt, sondern auch vielfältige Akteur*innen im Naturschutz- und Tourismusbereich, will genau diese Vernetzungen ermöglichen. „Der kürzlich gegründete Rewilding Oder Delta-Verein ist daher ein wichtiger Netzwerkpartner für uns, denn seine Leitlinien von Naturschutz, Naturtourismus und Kommunikation entsprechen den Prinzipien der Natur- und Landschaftsführer*innen“, sagt Judith Kühn, Projektmanagerin des Nature Guide Network bei der Deutschen Umwelthilfe e.V. „Die Weiterentwicklung und Vermarktung naturtouristischer Touren-Angebote durch Nature Guides ist damit für beide Seiten grundlegend und zukunftsweisend.“
Diese Einschätzung teilt auch Stefan Schwill, Vorstand des Rewilding Oder Delta-Vereins: „Durch eine kundige und geschickte Besucherlenkung durch Nature Guides gewinnt sowohl der Besucher als auch die Natur. Wir unterstützen daher grundsätzlich den weiteren Ausbau dieser Aktivität, die in Zukunft hoffentlich vermehrt Einkommen, auch in Kombination mit beispielsweise der Instandhaltung von Wegenetzen oder landschaftsunterhaltenden Maßnahmen, generieren wird.“
Insofern ist das für diesen Herbst geplante internationale Netzwerk-Treffen mit Nature Guides, Tourismus- und Naturschutz-Fachleuten aus Polen, Litauen und Deutschland ein zentrales gemeinsames Vorhaben (weitere Informationen finden Sie in Kürze auf dieser Seite). Darüber hinaus ist eine umfangreiche Befragung dieser Akteursgruppen, besonders aber der Natur- und Landschaftsführer*innen vorgesehen, welche Aufschluss über Erwartungen an und Hemmnisse bei der Zusammenarbeit geben soll, um diese perspektivisch zu verbessern.